Vielleicht ist es am einen oder anderen vorbei gegangen, doch für eine gewisse Zeit wurde in der Fitnesswelt kaum über etwas anderes als Faszien geredet. Plötzlich war Faszientraining in aller Munde und gewann immer mehr an Popularität. Viele Anhänger messen dieser Form des Trainings sogar mehr Bedeutung zu als konventionellen Trainingsmethoden. Doch was genau sind eigentlich Faszien und wie kann man sie trainieren?
Das Synonym für Faszien ist Bindegewebe. Wie im Artikel zum Thema Muskelkater bereits erwähnt wurde, umgeben Faszien den gesamten Muskelapparat und jede einzelne Muskelfaser wie ein Neoprenanzug. Gesehen hast auch du Faszien mit Sicherheit schon, auch wenn du es vielleicht gar nicht weißt. Dieser weiße dünne Film auf einem Steak oder einem Stück Putenbrust, das sind Faszien. Ohne sie würden unsere Muskeln praktisch einfach zerfallen. Obwohl Faszien faszinieren sind, wurde ihnen in der Forschung lange recht wenig Bedeutung beigemessen wenn es beispielsweise um Themen wie Rückenschmerzen ging.
Primär legte man den Fokus hier immer auf das Skelett und die Muskulatur.
Nach und nach rückten Faszien in den Mittelpunkt. Man fand heraus, dass sie verkleben und somit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen verursachen können. In den Faszien liegen unzählige Rezeptoren, die direkt mit dem vegetativen Nervensystem in Verbindung stehen. Somit spielen Faszien nicht nur beim Schmerzempfinden eine wichtige Rolle, sondern auch bei der sogenannten Propriozeption. Hierunter ist die Wahrnehmung des eigenen Körpers im Raum zu verstehen. Auch wenn dieses Thema auf den ersten Blick recht irrelevant zu sein scheint, spielt spielt es, wenn es um korrekte Bewegungsformen und das Vermeiden von Fehlhaltungen geht, eine wichtige Rolle.
Ein einfaches Beispiel sollte verdeutlichen, was gemeint ist.
Die Mehrheit der Menschen steht, läuft und sitzt nicht „gerade" bzw. hält ihre Wirbelsäule nicht in Neutralstellung. In extremen Fällen lässt sich die Fehlhaltung auf den ersten Blick erkennen. Für die Mehrheit der Betroffenen fühlt sich die Fehlhaltung jedoch nicht falsch an, worin das eigentliche Problem liegt. Wie soll ich gerade stehen, laufen und sitzen, wenn ich nicht weiß, wie sich die richtige Position der Wirbelsäule anfühlt?
Eine weitere wichtige Eigenschaft der Faszien ist es, Spannung aufzunehmen und wieder abzugeben, ähnlich wie ein Gummiband. An dieser Stelle sei erwähnt, dass auch Sehnen und Bänder aus Faszien bestehen. Ein gutes Beispiel aus der Tierwelt ist das Känguru. Nur aufgrund der Faszien ist es ihm möglich, so hoch, weit und ausdauernd zu springen. Da praktisch nur für den ersten Sprung wirklich Muskelkraft aufgewendet werden muss, um die Achillessehne unter Spannung zu setzen (die Sehne verlängert sich). Wenn sich die Spannung entlädt, die Sehe sich also sehr plötzlich stark verkürzt, wird die gespeicherte Energie frei und das Känguru katapultiert sich vom Boden. Beim Wiederaufkommen wird die Sehne nun fast ohne Zusatzarbeit der Muskulatur erneut verlängert und das Spiel beginnt von vorne.
Ähnliche Prozesse ermöglichen es uns sehr lange Stecken zu laufen ohne unsere Muskulatur über zu beanspruchen. Es wird also deutlich, dass es sehr wichtig ist auch unsere Faszien zu trainieren um gesund zu bleiben. Doch wie genau geht das? Bevor wir diese Frage beantworten möchten wir zunächst klar stellen, dass Faszientraining zwar wichtig ist, mit Sicherheit aber nicht wichtiger als das Training unserer Muskulatur oder die Funktion unseres Skeletts. Unser Körper muss als eine Einheit verstanden werden, bei der im Fall der Bewegung Knochen, Muskel und Faszien gleichermaßen beteiligt sind.
Um unsere Faszien ebenso zu trainieren wie unserer Muskeln sollten wir vielfältig und möglichst natürlich trainieren. Was bedeutet das? Heute stellt sich das Training an Maschinen für viele Leute als scheinbar einfache und effektive Möglichkeit dar. Doch das Training an Geräten ist alles andere als natürlich. Begründen möchten wir dies gerne mit unserer Umwelt und den Aufgaben, die unserer Körper darin verrichten muss. Das Training an Geräten zeichnet sich meistens dadurch aus, dass die körperliche Anstrengung auf wenige Muskeln beschränkt wird. Man nennt dies Isolationstraining. Im Alltag kommen solche Bewegungen jedoch nur sehr selten oder sogar gar nicht vor. Wann war das letze mal, dass du im Alltag etwas nur mit dem Bizeps hochheben musstest, ohne dabei deine Beine oder deinen Rücken zu verwenden?
Wenn wir die Grundübungen mit der Langhantel machen, Rennen, Springen uns kurz gesagt einfach frei bewegen profitiert unser Bewegungsapparat vielfach. Zudem besteht die Möglichkeit verhärtete oder verkürzte Faszien beispielsweise gezielt mit einer Faszienrolle oder mit Widerstandsbändern zu mobilisieren.
Wann, wie bei wem welche Übungen zu empfehlen sind ist von Fall zu Fall verschieden. Wenn man selbst nicht genug Erfahrung hat, bzw. es an einem umfangreichen Übungsrepertoire mangelt empfiehlt es sich einen qualifizierten Trainer zur Rate zu ziehen.